
Viele mechanische Bauteile müssen unter dem Einfluss von Vibrationen funktionieren. Wenn die Bauteile niedrige Eigenfrequenzen haben, kann dies zu Resonanzen mit mehr oder weniger schwerwiegenden Auswirkungen führen, von einem kleinen Ärgernis bei einer Autoverkleidung bis hin zu kritischen Fehlern in der Präzisionsfertigung oder einem gefährlichen Versagen im Bauwesen. Dieser Blog-Beitrag zeigt Ihnen, wie Sie die niedrigste Eigenfrequenz mithilfe der Form- und Topologieoptimierung maximieren können, um die Wahrscheinlichkeit von Resonanzen zu verringern. Die integrierte Funktionalität der Software COMSOL Multiphysics® ermöglicht es Ihnen, diese Probleme mit gradientenbasierter Optimierung zu lösen.
Einführung in die mechanische Resonanz
Wenn ein mechanisches System durch eine Kraft angeregt wird, deren Frequenzgehalt mit den Eigenfrequenzen des Systems übereinstimmt, kann eine mechanische Resonanz mit Schwingungen hoher Amplitude auftreten. Dieser Effekt kann gewünscht sein (zum Beispiel bei Uhren oder Musikinstrumenten), aber in diesem Blog-Beitrag konzentrieren wir uns auf unerwünschte Resonanz, die zu Ermüdung bei Maschinen oder Versagen im Bauwesen führen kann. Es gibt verschiedene Maßnahmen, um Resonanz abzuschwächen, zum Beispiel die Installation aktiver oder passiver Schwingungsisolierungssysteme oder durch die Aufforderung, resonanzverursachendes Verhalten zu vermeiden. Ein Beispiel dafür ist eine unten abgebildete berühmte Brücke in London, bei der ein Schild Soldatengruppen anweist, sie nicht im Gleichschritt zu überqueren, damit der gleichmäßige Rhythmus ihrer Schritte nicht zu einer gefährlichen mechanischen Resonanz führt.
Eine andere Strategie zur Vermeidung von mechanischer Resonanz ist die Erhöhung der niedrigsten Eigenfrequenz. Hier werden wir untersuchen, wie dies durch Optimierung erreicht werden kann.
Auf der Albert Bridge in London steht ein Schild, das die Soldaten anweist, auf der Brücke den Gleichschritt zu unterbrechen, um Resonanz zu vermeiden. Originalbild von Colin Smith, lizenziert unter CC BY-SA 2.0 über Wikimedia Commons.
Einführung in die Optimierung
Bei allen Optimierungsprobleme geht es darum, Designvariablen durch einen Optimierungsalgorithmus zu verändern, um eine bestimmte Größe – die Zielfunktion – zu verbessern. Es kann auch Anforderungen an andere Variablen geben, bestimmte Grenzen nicht zu überschreiten, was Zwangsbedingungen genannt wird. Im CAD-Kontext wird die Zielfunktion häufig mit Hilfe einer Simulation berechnet.
Man unterscheidet zwischen folgenden Optimierungsalgorithmen:
- Gradientenfreie Optimierung, bei der die Optimierung nur die Werte des Ziels und der Zwangsbedingungen zur Aktualisierung der Designvariablen verwendet
- Gradientenbasierte Optimierung, bei der die Optimierung auch weiß, wie empfindlich das Ziel und die Zwangsbedingungen auf Änderungen der Designvariablen reagieren
Die gradientenbasierte Optimierung verfügt in jeder Iteration über wesentlich mehr Informationen und ist daher deutlich schneller, insbesondere bei Problemen mit vielen Designvariablen. Die Geschwindigkeitsdiskrepanz ist so groß, dass der erste Ansatz für die meisten Anwendungen der Form- und Topologieoptimierung unpraktisch ist. COMSOL Multiphysics® unterstützt beide hier aufgeführten Optimierungstypen, aber dieser Blog-Beitrag wird sich auf die gradientenbasierte Optimierung konzentrieren.
In den folgenden Beispielen besteht das Ziel darin, die kleinste Eigenfrequenz zu maximieren, aber man könnte genau so gut auch den Abstand zu einer in der Umgebung vorkommenden unerwünschten Frequenz maximieren. Ein wiederkehrender Aspekt bei Eigenfrequenzproblemen ist, dass eine Struktur zwar symmetrisch aufgebaut ist, ihre Eigenmoden jedoch unsymmetrisch sein können. Aus diesem Grund muss in jeder Iteration die gesamte Struktur modelliert werden. Wenn das ursprüngliche Design jedoch symmetrisch ist, kann dies mit dem Feature Mirror Symmetry im Interface Shape Optimization oder Topology Optimization beibehalten werden.
Formoptimierung
Das erste Beispiel ist ein Schalenmodell, das an einem Ende fixiert ist. Die Kontinuität des Normalenvektors wird durch eine auf partiellen Differentialgleichungen basierende Regularisierung für die Randverformung erhalten, \mathbf{d}, ähnlich dem Helmholtz-Filter, der für die Topologieoptimierung verwendet wird, d.h.
wobei d_\mathrm{max} die maximale Verschiebung, L_\mathrm{min} eine Filterlänge, d_\mathrm{max}/L_\mathrm{min} die maximale Steigung der Verformung, und \mathbf{c} das Steuervariablenfeld der Randverformung ist. Bei der Formoptimierung von Festkörpern gibt es auch eine partielle Differentialgleichung für die Glättung der inneren Elemente, aber in der Praxis wird alles von den Features Free Shape Domain, Free Shape Boundary und Free Shape Shell im Interface Shape Optimization behandelt. Diese Features ermöglichen nur eine gradientenbasierte Optimierung. Als Alternative zur Formregularisierung auf der Basis von partiellen Differentialgleichungen können Sie auch eine polynomiale Regularisierungstechnik verwenden oder einfache Änderungen an der Geometrie vornehmen, wie zum Beispiel Translation, Drehung und Skalierung. (Mehr über Translation und Skalierung erfahren Sie in unserer zweiteiligen Serie über Formoptimierung in der Elektromagnetik). Die Animation unten zeigt das Ergebnis der Anwendung der auf partiellen Differentialgleichungen basierenden Regularisierung unter Beibehaltung der Symmetrie des Designs.
Animation des Designs der Schale über den gesamten Optimierungsverlauf.
Mode Switching erfolgt, indem immer die ersten sechs Eigenfrequenzen berechnet werden und die Methode der bewegten Asymptoten (Method of Moving Asymptotes, MMA) angewendet wird, um die minimale Eigenfrequenz zu maximieren.
Im nächsten Beispiel geht es um eine Halterung. Die Geometrie der Halterung ist jedoch in gewisser Weise schalenartig, so dass es sinnvoll ist, die Dicke der Halterungsarme beizubehalten. Dies kann durch die Kombination des Operators General Extrusion mit dem Feature Prescribed Deformation erreicht werden (mehr dazu finden Sie im Modell Bracket – Eigenfrequency Shape Optimization in der Application Gallery). Ansonsten ist der Aufbau in Bezug auf das Ziel und die Durchsetzung der Symmetrie ähnlich wie beim vorherigen Modell, aber das ursprüngliche Design ist nicht so schlecht, und daher ist die Verbesserung weniger dramatisch (siehe unten).
Der Optimierungsverlauf ist zusätzlich mit Bildern dargestellt, die die ursprüngliche und die optimierte Halterungsgeometrie für die erste bzw. zweite Eigenmode zeigen. Die Halterung ist an den vier kleinen Löchern befestigt.
Topologieoptimierung
Die gradientenbasierten Verfahren können auch für Topologieoptimierung genutzt werden, insbesondere wenn Sie das Interface Topology Optimization der Software verwenden. Eine detaillierte Einführung in die Topologieoptimierung finden Sie in unserem Blog-Beitrag “Performing Topology Optimization with the Density Method”. Die Grundidee besteht darin, ein räumlich variierendes Feld von Designvariablen, \theta_c, einzuführen, mit Werten zwischen 0 (leerer Raum) und 1 (festes Material). Für die Strukturmechanik kann man dann die Dichte und den Elastizitätsmodul (die Steifigkeit) von dieser Variablen abhängig machen. Die Abhängigkeit ist nicht explizit, da es von Vorteil ist, das Problem mit einer minimalen Längenskala, L_\mathrm{min}, zu regulieren. Es ist auch notwendig, die Dichte, \rho, anders zu interpolieren als die Steifigkeit, E, um zu verhindern, dass Zwischenwerte der Designvariablen aufgrund ihres guten Verhältnisses von Steifigkeit zu Gewicht das optimierte Design dominieren. Die Beziehung zwischen dem Designvariablenfeld und den Materialeigenschaften ist gegeben durch:
wobei \theta_f die gefilterte Designvariable, \beta der Parameter für die Projektionsneigung und p_\mathrm{SIMP} der Parameter für die Methode Solid Isotropic Material with Penalization (SIMP) ist. Diese Parameter können einen starken Einfluss auf das optimierte Design haben. Um lokale Minima zu vermeiden, kann es daher notwendig sein, das Optimierungsproblem für mehrere Kombinationen dieser beiden Parameter zu lösen. Das heißt, es wird ein parametrischer Sweep von Optimierungsproblemen gelöst, wie am unten gezeigten Beispiel des Balkens zu sehen ist. Der Balken ist auf der linken Seite befestigt und trägt am rechten Ende ein Gewicht, das 15% des Gesamtgewichts beträgt. Der Balken unterliegt einer Volumenbeschränkung von 40%. Das Problem der Topologieoptimierung wird für fünf Kombinationen der Parameter (p_\mathrm{SIMP}, \beta) gelöst, die (1, 2), (2, 4), (3, 8), (4, 16) und (5, 32) entsprechen. Für die anfänglichen Optimierungen sind schlechte Konnektivität und Graustufen zu erwarten, doch diese unphysikalischen Designs bieten gute Ausgangsdesigns für die späteren Optimierungen.
Animation des Designs eines Balkens über den gesamten Optimierungsverlauf. Die Verschiebung wird durch die Farben auf der Kontur \theta=0.5 dargestellt.
Bei der Topologieoptimierung ist es ratsam, eine Verifikationssimulation mit einem körperangepassten Netz durchzuführen. Dies wurde in der Application Gallery Version dieses Modells durchgeführt, und die Ergebnisse zeigen eine bessere Leistung in Form höherer Eigenfrequenzen im Vergleich zu dem reinen Optimierungsergebnis. Dies ist zu erwarten, da die implizite Darstellung des Designs dazu führt, dass das Material in der Nähe der Grenzfläche zwischen Festkörper und Hohlraum weniger steif ist.
Hier wird ein einziges Optimierungsergebnis gezeigt, aber es ist einfach, alternative Designs zu erstellen, indem Sie andere Werte für den Volumenanteil, die hinzugefügte Masse oder die minimale Längenskala angeben.
Fazit
Form- und Topologieoptimierung können verwendet werden, um Eigenfrequenzen zu maximieren. Symmetriebedingungen lassen sich der Physik oft nicht aufzwingen, aber die Optimierung kann so eingeschränkt werden, dass trotzdem ein symmetrisches Design entsteht. Die Max/Min-Strategie für die Handhabung von Mode Switching könnte auch angewendet werden, wenn das Ziel darin besteht, den Abstand zu einer bestimmten unerwünschten Frequenz zu maximieren.
Um praktische Erfahrungen mit der Eigenfrequenzmaximierung zu sammeln, können Sie die in diesem Blog-Beitrag erwähnten Beispiele aus der Application Gallery herunterladen:
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